23.4.14
Ich steige aus der
U-Bahn. Endstation. Einige Meter vor mir geht ein Rothaariger, er
taumelt hin und her. Vielleicht betrunken? Doch als ich näherkomme,
sehe ich den wahren Grund seines Schwankens: Er sucht mit einem
langen metallenen Stock den Weg nach draußen. Er ist blind.
Die Kugel am Ende
seines Stocks rauscht über den Boden, stößt gegen eine der
blaugekachelten Säulen, rauscht wieder zurück, stößt gegen eine
zweite Säule. Der Blinde bleibt stehen, er ist verwirrt,
desorientiert, er trägt keine dunkle Brille und ich kann seine Augen
sehen: sie sind weit aufgerissen und gehen von links nach rechts. Ich
beschleunige meinen Schritt, um ihn zu ereichen.
Ein türkischer Mann
mit Schnurrbart und kurzen, graumelierten Haaren kommt mir zuvor.
“Kann ich ihnen helfen?”, fragt er höflich und bietet dem
Blinden seinen rechten Ellenbogen an, den dieser dankend annimmt.
“Vorsicht, jetzt kommt eine Treppe”, sagt der Türke mit
rollendem R.
Vor mir geht das
seltsame Paar die Stufen hoch. “Schaffen Sie den Rest alleine?”
fragt der Türke. “Ja”, sagt der Blinde. Doch es stimmt nicht.
Draußen an der Ampel geht er beinahe bei Rot über die Straße,
einige Passanten rufen ihm zu. Wieder komme ich zu spät: eine kleine
Frau mit dunklen Haaren fragt den Blinden, wo er hinmöchte. “Zum
Bus.” “Da muss ich auch hin.” Sie führt ihn über die Straße
zur Bushaltestelle. Ich schaue ihnen hinterher und biege um die Ecke,
da überholt mich ein mittelgroßer Mann mit seinem Skateboard. Er
ist etwa fünfzig und hat schon graue Haare, dazu trägt er einen
Stoppelbart und schlabbrigen Pullover.
Der älteste Skater,
der mir je begegnet ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen