27.10.13
Sonntag. Am Mehringdamm ist es dunkel,
kalt und regnerisch. Gerade will ich im U-Bahnschacht verschwinden,
um dem Wetter zu entgehen, blicke vorher kurz auf die
gegenüberliegende Straßenseite. Was
ist denn das? Schon wieder? Und das bei diesem Wetter?
Eine riesige Menschenschlange wartet
dort vor einer Imbissbude. Wirklich
vor der Imbissbude? Gibt es da was umsonst? Oder stehen die Leute
vielleicht doch woanders an? Hoffen
sie auf die letzten Karten
für ein seltenes Rockkonzert? Oder hat da ein neuer Club eröffnet? Ich bleibe stehen. Nein,
tatsächlich vor der Imbissbude. Einer Dönerbude, genauer gesagt.
Schon letzte Woche und vorletzte und vorvorletzte Woche stand
die Schlange da, allerdings war es da heller Tag und strahlender
Sonnenschein.
Nun bin ich neugierig. Was
kann das sein? Warum
gerade vor dieser Bude? Ist
das jetzt der
Hammer-Döner?
Ich will dem Geheimnis auf den Grund gehen. Netz oder nie, denke ich mir und wechsle kurzentschlossen die Straßenseite. Eine Schlange von
etwa 40 Leuten, die dort warten, frieren und sich vollregnen lassen.
Ich frage einen Herrn mit Schirmmütze und Brille, der mitten in der
Schlange steht: „Warum stehen sie denn hier an?“ „Ja, mir
hoffet, dass es hier so gut schmeckt, wie mir g`hört händ.“
Gehört? Von wem mag er das gehört haben? „Aha, also geht es hier
um Döner?“ „Ja, genau.“ Durch die Scheibe sehe ich, wie sich
der Dönerspieß langsam um sich selbst dreht. Sieht eigentlich ganz
normal aus. Ich frage die sympathisch dreinblickende Brünette am
Ende der Schlange. „Warum stehen Sie hier an?“ „Also das ist
der beste Döner hier. Und ich bin von hier, ich weiß das. „Und
was ist das Besondere?“ frage ich weiter. „ Also die tun da so
Gemüse rein...und Kartoffelspalten.“ Naja, Gemüse... kommt ja
eigentlich in jeden Döner. Aber Kartoffelspalten? Das kommt mir
seltsam vor. Ich frage mich, wieviele Dönerbuden es in Berlin wohl
gibt? Eintausend? Oder zweitausend? Wieviele davon haben die nette
Brünette und die Leute vor ihr in der Schlange wohl probiert? Fünf?
Oder sechs? Keine Ahnung. Wenigstens gibt es vor der Dönerbude keine
Türsteher, die sie wieder wegschicken. Ich schüttle meinen
regennassen Kopf und gehe zurück zur U-Bahn.