30.10.14
Mein Stammcafé in
Neukölln ist ein Backshop. Hier sitze ich, trinke Kaffee aus einem
Pappbecher auf dem “Café” steht, schaue den Leuten zu, die rein-
und rausgehen: kleine, gebeugte, gebeutelte Gestalten mit traurigen
Gesichtern, Mütter mit Kopftüchern und Kinderwägen, Punks,
Bärtige, Teenies mit Glitzerjacken und Lederstiefeln, die sich
gekühlte Cola in Plastikflaschen kaufen, einen Kaffee, eine Süßigkeit oder einen Moment Ruhe, bevor sie wieder
hinaus auf die laute Straße gehen und im Gedränge vor der Ampel
verschwinden, alte, orientalische Herren
mit Schiebermützen, die stundenlang auf den schmucklosen Bänken
sitzen und sich unterhalten, eine winzige, alte Dame mit geblümten
Kleid, die freundlich und zahnlos lächelt, dabei dem Kassierer
zuwinkt und ihm ein etwas rostiges “auf Wiedersehen” zuruft. Der
Kassierer, ein hagerer Mann mit
langen Haaren, der seine Augen unter einer roten Schirmmütze
versteckt, aber sehr aufmerksam ist, abwechselnd kassiert, die Tische
abräumt, Plastiktabletts stapelt und mit einem blauen Schwammtuch
säubert, kennt sie schon und grüßt zurück. Drei Mädchen neben mir schwärmen von einer Traumreise nach Neuseeland, ein Typ mit Kopfhörern und polnischem Akzent fragt sie: "Könnt ihr mal mein Laptop bewachen?" und verschwindet aufs Klo. Neukölln, wie es
vielleicht war, bevor die Hipster kamen.
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